Reisebericht aus Sri Lanka
Brief Nr. 2 vom 01.02.2005
Liebe KettwigerInnen und
alle, die uns unterstützen,
wir melden uns wieder
mit unserem Bericht aus Tangalle.
Am nächsten Tag nach
unserer Ankunft in Tangalle fuhren wir morgens erstmal in
die Ortschaft. Auf dem Marktplatz, wo sich auch der
Busbahnhof befindet, steht ein Turm mit einer großen Uhr.
Hier auf dem Platz, erzählten uns die Bewohner, habe das
Wasser bis zur Hälfte des Turmes gestanden, etwa sechs Meter
hoch und zwar zehn Minuten lang. Da der Platz sehr belebt
ist, seien sehr viele Menschen ertrunken. Auf der Uhr war es
8.42 Uhr. Die Zeit blieb stehen als die Flutwelle kam.
Wir
besuchten noch ein Fischrestaurant mit Namen “Chalet”, dass
die KettwigerInnen auch kennen, die mit in Sri Lanka waren;
denn hier haben wir oft Rast gemacht, da es direkt am Meer
an einer wunderschönen Bucht liegt und es hier immer
ausgezeichnete Meeresfrüchte zu essen gab.
Als
wir das Haus betraten, das total zerstört ist und nur noch
als Gerüst
vorhanden ist, kam uns die Inhaberin schon
entgegen. Wir lagen uns in den Armen und waren erleichtert,
als wir hörten, dass sich alle Personen retten konnten, die
im Hause waren. Es waren nicht viele, nur eine Touristin,
die gerade frühstückte, der Inhaber und sein Sohn, die
Inhaberin war gerade einkaufen.
Der Fischerhafen und der schöne Sandstrand,
wo wir oft zum schwimmen waren, konnten wir gar nicht wieder
erkennen. Doch bei allem Traurigen erfuhren wir, dass das
Leben weitergeht, wir trafen ein frisch vermähltes Paar, das
zum Strand kam, um Fotos zu machen.
Gegen Mittag fuhren wir in das Dorf Kudawella,
ganz in der Naehe vom Projekt Navajeevana, ein Fischerdorf,
direkt am Meer gelegen, mit etwas über 300 Einwohnern. Von
diesen 300 kamen ca. 100 ums Leben, dementsprechend hat
jeder aus diesem Dorf Verwandte verloren.
Schnell gesellten
sich die Dorfbewohner zu uns, die sich am Tag im Dorf
aufhalten, um aufzuräumen, nach Verwandten und nach ihrem
Hab und Gut zu suchen. Eine Frau erzählte uns ganz aufgeregt
und zeigte auf einen Schutthaufen neben dem Weg:” Hier haben
meine Verwandten gewohnt! Sie sind alle tot es waren 5
Angehörige.”
Wir gingen auch zu ihrem Haus, ein Stück weiter
auf der anderen
Seite des Weges, wo auch nur noch Reste
eines Hauses standen.
Wie schön und traumhaft muss dieses Dorf
gewesen sein!!! Jetzt sehen wir nur noch einen herrlichen
Sandstrand, Kokospalmen, die alles überlebt haben,
dazwischen aber wird das Bild durch zerstörte Häuser
getrübt. Überall zertrümmerte Fischerboote und kaputte
Netze. Auch konnten wir persönliche Dinge entdecken:
Kleidung, Spielzeug, Küchenutensilien, einen auf den Baum
gespülten Stuhl, eine Uhr, die auch zu dieser Zeit stehen
geblieben ist.
Wenn diese Gegenstände sprechen könnten,
würden sie uns wahrscheinlich ihre jeweils eigene
Geschichte von dieser Katastrophe erzählen.
Die Dorfbewohner
zeigten uns an einem Haus, bis wohin der Wasserspiegel
reichte, er war einige Meter hoch. Einige die sich als
letzte Rettung an einer vorhandenen Stromleitung
festgehalten hatten, an die sie durch die Flutwelle gespült
wurden, konnten überleben.
Dieses Dorf braucht nun dringend Hilfe und
wird vom Projekt Navajeevana zur Zeit betreut, d.h., sie
bekommen jeden Tag Mittagessen, das im Zentrum von
Navajeevana gekocht wird, sie werden mit dem
Lebensnotwendigen versorgt. Das Projekt Navajeevana ist
sonst eine Einrichtung, die sich in ihrer Tagesstätte um
Behinderte und deren Angehörige kümmert, diese auch im
Umkreis von 40 km betreut. Durch den Tsunami ist diese
Einrichtung nun auch eine Anlaufstelle für Flutopfer die
dort Soforthilfe bekommen. An diesem Vormittag bekamen wir
mit, wie für etwa 350 Flutopfer Essen gekocht und diese dann
zu “Lunchpackets” verpackt wurden.
Zur Zeit werden Gespräche darüber geführt, ob
Kettwig eine Teilpatenschaft für Kudawella übernehmen kann.
Wahrscheinlich muss das ganze Dorf an einen etwas
sichereren Ort umgesiedelt werden. Das gespendete Geld ist
inzwischen auf einer Bank in Tangalle, auf einem Sonderkonto
und unter dem Namen “Navajeevana Tsunami Rehabilitation Fund
Kettwig” eingezahlt.
Herzliche Grüße,
Dorothea und Ananda Ratnayake
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